Arbeiten mit Schieblehre und Lötkolben
29 Schülerinnen aus Dörpen und Sögel schnuppern bei UPM Nordland in gewerblich-technische Berufe
Von Jürgen Eden
Mädchen in gewerblich-technischen Berufen: Das ist Ziel des sogenannten Mint-Projektes der emsländischen Initiative „Leitstelle Region des Lernens“. Bei UPM-Nordland Papier in Dörpen haben nun 29 Schülerinnen Schraubendreher, Schieblehren und Lötkolben in die Hände genommen, um sich zu erproben.
Mädchen sind bei UPM Nordland bereits häufiger in gewerblich-technischen Berufen anzutreffen, doch es dürften nach Worten von Ausbildungsleiter Werner Kremer durchaus mehr sein. „Wir haben heute bereits in jedem Beruf ein bis zwei Mädchen pro Lehrjahr, und unsere Erfahrungen sind sehr gut“, sagt Kremer. Elektroniker für Betriebstechnik, Industriemechaniker, Technische Produktdesignerin, Papiertechnologe sowie Maschinen- und Anlagenführer werden unter seiner Federführung ausgebildet.
„Mädchen haben eine sehr ausgeprägte Feinmotorik. Sie müssen sich eigentlich nur mehr zutrauen“, so Kremer weiter. Er will mit einem Vorurteil aufräumen, denn die Zeiten, in denen in Industriebetrieben Muskelkraft gefordert war, seien längst vorbei. Hierfür gebe es heute beispielsweise sehr gute Hebetechniken, die enorm zur Arbeitserleichterung beitragen würden.
Eine der weiblichen Nordland-Azubis ist Imke Niesing. Sie startete im Jahr 2015 eine Ausbildung als Elektronikerin für Automatisierungstechnik. Sie ermunterte unter anderen die Schülerinnen Jana Kern, Andreea Ana und Martina Sievers, erstmals einen Lötkolben in die Hand zu nehmen. „Das ist zwar etwas kniffelig. Es macht aber auch Spaß“, stellte Martina Sievers fest. Auf der gleichen Etage durften Laura Antons, Svenja Pape und Gloria Esterle einige pneumatische Schläuche anlegen, um an einem Versuchsmodell eine kleine Maschinensteuerung in Betrieb zu nehmen. Auch diese Mädchen erwiesen sich als sehr geschickt.
Ob sie sich allerdings für einen der gewerblich-technischen Berufe entscheiden werden, ist bei den Siebtklässlern noch offen. Denn Arzthelferin, Bürokauffrau, Verkäuferin oder Friseurin stehen nach einer Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) nach wie vor ganz oben auf der Wunschliste von Schulabsolventinnen. Aber die Zeiten, als es bei den sogenannten „Weiße-Kragen-Berufen“ mehr Bewerber als Stellen gab, sind nach Worten von Peter Peters, Schulleiter der BBS Papenburg, kaufmännische und gewerblich-technische Fachrichtungen, auch vorbei. Peters sieht es als dringend geboten an, vor diesem Hintergrund am Image der gewerblich-technischen Berufe noch stärker zu arbeiten. Denn nur die Ausbildung zur Mediengestalterin ist ein Job-Wunsch aus dem gewerblich-technischen Bereich, der es unter die Top 25 der beliebtesten Ausbildungsabschlüsse schaffte.
Der Wirtschaftsverband Emsland und die Agentur für Arbeit, aber auch die Berufsbildenden Schulen Papenburg und zwei Träger aus dem Emsland starteten im nördlichen Emsland das Mint-Projekt, das aufgrund der Namensgleichheit jedoch nicht mit der bundesweiten Initiative „Mädchen, Informatik, Naturwissenschaft und Technik“ verwechselt werden sollte. „Uns geht es darum, dass Mädchen selbstständig und mal ohne Jungs technische Erfahrungen machen und beispielsweise pneumatische Schaltungen anfertigen oder löten“, sagt der Projektkoordinator Bernd Terhorst von der BBS Papenburg.
Das Mint-Projekt ist auf vier Jahre angelegt und beinhaltet die Grundlagenvermittlungen an den Regelschulen, Fachpraxistage an den BBS sowie Betriebserkundungen wie bei UPM Nordland. Dort zeigt man sich laut Terhorst ohnehin schon seit Langem offen für neue Formen der Nachwuchswerbung.
Link zur Sendung:
http://www.ev1.tv/nachrichten–wetter/beitraege/maedchen-werden-in-doerpen-fuer-technische-berufe-begeistert_39786