Passend zum „Tag der Toleranz“ am 10. Mai hatte die didaktische Leiterin der Oberschule Sögel und Leiterin der AG „Schule ohne Rassismus“, Marion Geers, die Ausschwitz-Überlebende Erna de Vries in die Schule am Schloss eingeladen, um den Schülern der Jahrgänge 8 – 10 ihre bewegende Lebensgeschichte zu schildern. Seit mehr als 20 Jahren hat Erna de Vries es sich zur Aufgabe gemacht, den Auftrag ihrer Mutter: “Du wirst überleben und allen erzählen, was sie mit uns gemacht haben“, zu erfüllen. Sehr eindringlich schilderte Erna de Vries den aufmerksam lauschenden Schülern den langen Transport nach Ausschwitz, die Ankunft, die entwürdigenden Arbeits-, und Lebensbedingungen und ihre Angst, die sie ständig hatte. Mutter und Tochter seien in ein Arbeitslager geschickt worden, so Erna de Vries, wo sie dann erkrankte und in den Todesblock geschlickt worden sei.. Am nächsten Tag sollte sie vergast werden. Als damals 18jährige hätte sie noch den einen Wunsch gehabt: Noch einmal die Sonne zu sehen. Als sie schließlich die ersten Strahlen erblickte, sei ihre Nummer aufgerufen und ihr gesagt worden, dass sie als Halbjüdin Glück hätte. So sei sie in das KZ Ravensbrück zum Arbeiten gebracht worden. Erna de Vries berichtete weiter von dem anschließenden Todesmarsch und der plötzlich gewonnenen Freiheit. „Ich stand da auf der Straße, hatte die Gräuel der KZs überlebt und war plötzlich frei.Wir waren gerettet“. Mit diesen Worten schloss sie ihren Vortrag. Danach herrschte minutenlanges Schweigen in der Aula, bis der erste Schüler sich traute, eine Frage zu stellen:“ Haben Sie heute noch einen Hass auf die Deutschen?“ Erna de Vries antwortete, sie hätte nie Hass empfunden, und das hätte ihr geholfen, alles zu verarbeiten. „Ich habe auch in der schweren Zeit viele gute Menschen an meiner Seite gehabt, die mir geholfen und sich selbst dabei in Gefahr gebracht haben“, sagte Erna de Vries. Eine weitere Frage lautete:“Was empfinden Sie, wenn Sie heute das Wort KZ hören?“. Damit verbinde sie Hunger, Kälte, schwere Arbeit, Ungeziefer, Tote, Schreien, Brüllen und Schlagen“, antwortete sie. Sehr bewegt waren die Schüler auch von der Schilderung über die enge Beziehung, die Erna de Vries zu ihrer Mutter gehabt hatte.
Zum Schluss bedankte sich Schulleiterin Maria Lau bei Erna de Vries mit einem Blumenstrauß und einer Geldspende für ein soziales Projekt. „Sie haben unseren Schülern einen tiefen Einblick in Ihr grauenvolles Schicksal und das der Juden gegeben. Es ist sehr wertvoll, wenn Schüler aus den authentischen Berichten einer überlebenden Zeitzeugin von den historischen Ereignissen erfahren können“. Lau bedankte sich auch bei der ehemaligen Lehrerin Angela Eilermann, die vor einigen Jahren den Kontakt für die Oberschule Sögel zu der Zeitzeugin hergestellt hatte.
Gisela Arling