Sögeler setzen Zeichen für Toleranz
Gedenkfeier zur Reichspogromnacht
pm Sögel. An ehemalige Sögeler jüdischer Herkunft ist am Sonntag bei Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht in der Hümmlinggemeinde feierlich erinnert worden. |
Johanna Eichenwald, geboren am 1. September 1866, gestorben am 10. Juli 1941 in Riga; Hedwig Hesse, geboren am 4. September 1898, gestorben in Auschwitz; Georg Jacobs, geboren am 28. Juli 1902, gestorben in Auschwitz; Arthur Jacobs, geboren am 8. Januar 1933, gestorben in Auschwitz – diesen vier früheren Sögelern wurde in der Gedenkfeier stellvertretend für alle weiteren Opfer der ehemaligen Sögeler jüdischen Bevölkerung zur Reichspogromnacht gedacht. Stolpersteine werden im kommenden Jahr in Sögel (Am Markt 14) entsprechend verlegt. |
Der 9. November 1938 markiert eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Das nationalsozialistische Regime verübte in der Nacht zum 10. November Gewalttaten gegen jüdische Mitbürger in ganz Deutschland. In dieser Reichspogromnacht wurden jüdische Warenhäuser und über 1400 Synagogen zerstört, darunter auch die in Sögel, und viele Menschen jüdischen Glaubens verhaftet. |
Die Gemeinde hatte zur Gedenkfeier in die Schule am Schloss eingeladen. Zahlreiche Gäste, darunter auch viele Schüler, wurden von Bürgermeisterin Irmgard Welling (CDU) begrüßt. In ihrer Ansprache spannte sie einen Bogen von der Verfolgung und der damit verbundenen Flucht der Juden zur aktuellen Flüchtlingsbewegung. Dabei distanzierte sich die Bürgermeisterin ausdrücklich von der Hetze gegen die Demokratie. „Dass Flüchtlingsunterkünfte attackiert werden, die Pegida-Bewegung überhaupt möglich ist, halte ich für einen Schlag ins Gesicht unserer Werte“, sagte Welling |
Die inhaltliche Gestaltung der Gedenkfeier wurde vom Wahlpflichtkurs Geschichte der Klasse 8 mit ihrem Lehrer Jürgen Jansen vorgenommen. Sie berichteten, wie schwer vorstellbar es für sie sei, wie die Judenverfolgung mit ihrem ganzen Hass überhaupt möglich war. Dabei übten sie durchaus auch Selbstkritik: „Doch bei genauerem Hinsehen mussten wir uns eingestehen, dass das auch heute noch manchmal der Fall ist. Ausgrenzung, Mobbing, Beleidigung und Einschränkungen gegen Minderheiten, auch religiöser Art sind heute noch an der Tagesordnung.“ Anhand vorgelesener Nachrichtenschnipsel aus verschiedenen Medien der damaligen und heutigen Zeit umrissen sie schlaglichtartig die Entwicklung der vergangenen 76 Jahre. |
Zwei weitere Schüler berichteten in rumänischer und russischer Sprache, die von ihren Mitschülern synchron ins Deutsche übersetzt wurden, von den Flüchtlingserfahrungen ihrer Familien. Als Erinnerung an die Opfer der Familien Eichenwald, Hesse und Jacobs wurden von den Schülern Kerzen angezündet. Außerdem gab es eine Gedenkminute. |
Wellings Lob galt den Schülern für die aus ihrer Sicht gute und bemerkenswerte Vorbereitung der Veranstaltung, mit der Sögel ein Zeichen für Toleranz setzte. Gleichfalls sei sie stolz auf die Gemeinde, die mit dem Bau von Flüchtlingshäusern, der Einstellung eines Flüchtlingsbeauftragten und einer Willkommenskultur zeige, dass sich etwas in Sögel geändert habe. „Wir lassen uns nicht beirren von rechtem Gedankengut. Wir helfen, statt abzuweisen – wir nehmen auf, statt zu bekämpfen“, zeigte sich Welling sich bewegt. Für sie sei der Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „Wir schaffen das!“ der Satz des Jahres. |